Du willst Dein erstes Unternehmen gründen, hast bereits eine tolle Idee und weisst nicht genau, wie du jetzt vorgehen sollst. Hier daher eine Schritt für Schritt Anleitung:

1. Ziele und Visionen

Definiere, wo Du in ein bis drei  Jahren sein willst.

Ein kleiner Absatz, zwei, drei prägnante Sätze sind ausreichen, aber wichtig ist, dass Du es in etwa 30 Sekunden aufsagen kannst – ein typischer „elevator pitch“.

2. Firma – allein oder mit Partnern?

Falls Du Partner hast, solltest Du von allem Anfang an die Gründung einer GmbH oder AG in Betracht ziehen. Notwendig ist es nicht, Ihr könnt auch als einfache oder Kollektiv-Gesellschaft starten.

Zu Beginn gilt es zu regeln, wer was macht, wer was zahlt, wer welche Anteile hat. Natürlich ist es am einfachsten, wenn die Anteile gleichmässig verteilt sind, aber wichtig ist nur, dass Ihr Euch darüber früh klar werdet.

Falls Du es alleine machst, so kannst Du in der Schweiz mit einer Idee sofort selbständig werden. Es braucht weder eine Bewilligung (ausser es handelt sich um ein reguliertes Gewerbe, z.B. Elektriker, Apotheke etc.), noch eine Erlaubnis eines Amtes. Steuerlich gilt Deine neue Firma als (separater) Teil von Dir, der Gewinn entspricht dann Deinem Einkommen. Das hat einige Vor- und Nachteile, dazu ein anderes Mal mehr.

3. Meilensteine bis zum Start

Schreib auf, welche Schritte notwendig sind, um den Start zu schaffen und ganz wichtig, wer dafür verantwortlich ist. Sei nicht zu detailliert, selbst Stichworte reichen.

Beispiel: Wer, Was, Datum

Start: 31.3.2018

  • Hp Webseite erstellen, 15.3.2018
  • HP Flyer und Visitenkarten, 9.3.2018
  • HP Flyer verteilen ab 15.3.2018
  • PS: Werkzeuge kaufen, 1.3.2028
  • AB: Firma gründen 1.3.2018
  • AB: Bankkonto eröffnen 20.2.2018

usw.

Das Setzen eines Datums zwingt Dich zu überlegen, welcher Schritt vor welchem anderen kommt.

Beispiel: Da Du zur Gründung einer Firma ein Bankkonto (genauer Kapitaleinzahlungskonto) benötigst, muss dieser Schritt vor dem Gründen der Firma erfolgen.

Auch das Verteilen von Flyern erfordert das vorherige Erstellen und Drucken – und ohne Webseite macht das wahrscheinlich auch wenig Sinn.

4. Meilensteine im ersten, allenfalls bis dritten Jahr

Hier denkst Du nach, was alles passieren muss, dass Du die definierten Ziele und Visionen erreichen kannst.

Wichtig ist sämtliche notwendigen Arbeitsschritte sowie die anfallenden Kosten zu bestimmen.

5. Liquiditätsplan erstellen

Der Cash Flow sagt aus, wann wohin Geld fliesst. Wenn Du als Schreiner am ersten Tag einen Schrank verkaufst und der Kunde bei Ablieferung bezahlt, dann fliesst zunächst Geld ab (für Material, Werkzeug, Lohn, Miete etc), bevor dann irgendwann das fertige Produkt geliefert wird und Geld zurück fliesst.

Selbst wenn Du also bereits Aufträge hast, so heisst das nicht, dass Deine Firma bis zum ersten Verkauf überlebt, wenn Du nicht genügend Kapital im Vorfeld bereit stellst.

Es gibt viele Methoden, die Zeit bis dahin zu überbrücken: Anzahlungen, A-Konto Zahlungen, Darlehen, Kredite usw., aber auch Miete von Werkzeug, Maschinen etc., um die Kapitalkosten niedrig zu halten.

6. Muster-Erfolgsrechnung aufstellen

Werde Dir klar, mit welchen Erträgen Du rechnest. Das ist natürlich schwierig, aber ohne Schätzung geht’s nicht.

Normalerweise empfehle ich eine Best-Case Variante zu definieren, anschliessend eine Worst-Case Variante – und zuletzt eine wahrscheinliche Variante.
Mach dazu einfach drei Spalten und fang mit der Spalte an, die Dir am leichtesten fällt.

Dann bestimme die Aufwände:

  • Materialkosten u. Fremdarbeitern
  • Lohnkosten
  • Miete
  • Betriebskosten (Unterhalt, Strom, etc)
  • Versicherungen
  • Verwaltungskosten
  • Werbung/Marketing
  • Finanzkosten

Damit kommst Du zu Deiner ersten geschätzten Erfolgsrechnung. Die wahrscheinliche Variante sollte idealerweise im ersten, spätestens im dritten Jahr im Plus sein. Sofern Du nicht im Plus bist, überlege welche Kosten Du einsparen kannst und ob die Höhe der Löhne gerechtfertigt ist.

Mindestens ein Jahr solltest Du zusammenstellen, falls im ersten Jahr negativ, besser auch zwei Folgejahre.

Die Prozentsätze sind in jeder Branche unterschiedlich, aber in etwa sollte sich das so verteilen:

Material 30%, Löhne 40%, Miete 10%, Betriebs-, Verwaltungs und Marketingkosten 15%. Das ergibt einen Gewinn von 5%.

Bei Dienstleistungsunternehmen ist der Matetialanteil natürlich klein oder null, dafür sind entsprechend die Löhne höher.

Ausserdem kann es sein, dass Deine Branche ganz anders funktioniert – aber bei grossen Abweichungen solltest du die Grundlagen nochmals prüfen.

 7. Muster-Bilanz

Die Bilanz zeigt was Deine Firma besitzt (Aktiven) und was sie schuldet (Passiven).

Die Aktiven unterscheiden Umlaufvermögen und Anlagevermögen, die Passiven Fremdkapital und Eigenkapital.

Umlaufvermögen

Dazu zählen Bargeld, Bank- und Postkonten, ausstehende Zahlungen von Kunden (Debitoren), angefangene Arbeiten sowie transitorische Aktiven (TA, z.B Dinge, die Du im Dezember schon für das Folgejahr bezahlt hast).

Anlagevermögen

Hierzu zählen z.B. Mobiliar, Maschinen, Fahrzeuge, aber auch immaterielle Dinge wie Patente und Lizenzen.

Fremdkapital

Neben den  Schulden bei Lieferanten (Kreditoren), der MWST und den transitorischen Passiven (TP, Sachen, die am Ende des Jahres noch offen sind, aber für die noch keine Rechnung eingetroffen ist) gehören hierzu auch Kredite und Darlehen.

Eigenkapital 

Stammkapital (GmbH) resp. Aktienkapital (AG) und Reserven sowie Gewinn- oder Verlustvortrag.

Es gibt haufenweise Vorlagen, die Du dafür nutzen kannst.

8. Büro, Lager, Sitz

Binde Dich nicht ewig. Gerade am Anfang ist es verlockend, sich aufgrund des tollen Standortes auf langfristige Verträge einzulassen. Oft wird bei neu gegründeten Firmen für die Miete eine Solidarhaftung der Gründer verlangt. Das kann leicht ins Auge gehen, wenn die Firma nicht so läuft wie erhofft.

Der Rechtssitz entscheidet, wo die Firma Steuern zahlt. Grundsätzlich gilt: es ist mühsam den Rechtssitz an einem anderen (steuergünstigen) Ort zu haben – also besser am Hauptsitz auch den Rechtssitz festlegen. Ich wüsste ein Dutzend Gründe, warum ich fiktive Rechtssitze wenig sinnvoll oder unpassend finde, aber auch ein paar, warum es Sinn machen kann. Davon ein anderes Mal mehr.

Eine Sitzverlegung zu einem späteren Zeitpunkt ist kein Problem aber mit Kosten verbunden.

9. Geschäftsführung und Unterschriftsregelung

Wer übernimmt die (offizielle) Geschäftsführung? Diese Person haftet auch bei einer GmbH oder AG privat für gewisse Schulden der Firma (z.B. Sozialversicherungen).

Einzelunterschrift oder Unterschrift zu zweien?

Während die erste Variante praktisch ist, bietet die zweite Gewähr, dass zumindest zwei Partner über jede Ausgabe entscheiden.

10. „Take action“ und sei hartnäckig!

Wer wagt gewinnt, wer nichts tut erreicht nix usw. Tatsächlich ist das „Machen“ oft der wichtigste Schritt. Auch wenn es nicht 100% bereit ist, mach es einfach.

Ich erinnere mich lebhaft an Eröffnungen, bei denen die Farbe teilweise noch nicht ganz trocken war, der letzte Mitarbeiter mit dem Staubsauger aus der Hintertür verschwand, während vorne schon die ersten Besucher reinströmten.

Der vielleicht wichtigste Tipp: lass Dich nicht unterkriegen, bleib hartnäckig und glaube an Deinen Erfolg! Besonders die, dir selber noch nie was erreicht haben werden Dir mit Rat aber nicht mit Tat zur Seite stehen und Dir regelmässig erklären, warum irgendwas nicht funktionieren kann. Trau Dir was zu, versuch es, mach es und gib alles. Mehr kann niemand erwarten.

Viel Erfolg!